„Entscheidend ist, wer den Diskurs dominiert“ – Karl-Rudolf Korte über Ungleichheit und Mitbestimmung im Zeitalter der Digitalisierung

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte

Seit 100 Tagen wird die Bundesrepublik Deutschland von einer neuen Großen Koalition regiert. Vor allem der Streit in der Union wird momentan täglich in den Medien behandelt, Themen wie Ungleichheit und Arbeitnehmermitbestimmung bleiben oftmals dahinter zurück.

Prof. Dr. Karl-Rudolf Korte spricht mit dem Magazin Mitbestimmung der Hans-Böckler-Stiftung über das Ausbleiben der Debatte über soziale Ungleichheit und die Zukunft der Mitbestimmung in Deutschland.

Es ist wichtig zu wissen, um was eigentlich gestritten wird! Der fehlende allgemeine Konsens darüber, was eigentlich explizit mit dem Schlagwort „Ungleichheit“ gemeint ist, erschwere laut Korte maßgeblich den richtigen Zugang der Politik zur Ungleichheitsdebatte. Zahlen zur Ungleichheit kämen in der

Berichterstattung zudem in erster Linie im Kontext empörender und spektakulärer Nachrichten zum Einsatz. Die eigentliche Brisanz, die hinter den Zahlen stecke, dass nämlich eine zu große Ungleichheit die Stabilität und Qualität der Demokratie bedrohe und die Gesellschaft in sich verändere, tauche zu selten auf.

In einer aktuellen Studie zusammen mit der Hans-Böckler-Stiftung, erklärt Korte, habe man den nackten Zahlen einen Kontext entgegengesetzt: Wie verändern sich die Diskurse über Ungleichheit? Im Fokus der Studie stehe, dass man beispielsweise über eine“ Erzählung der Abstiegsgesellschaft“ oder einer „Leistungsgesellschaft“ viel besser diskutieren könne als über reine Zahlen. Da holzschnittartige Statistiken die Ungleichheitsdebatte laut Korte emotionalisieren würden, schlägt er Strategien zur Vermittlung zur Ungleichheitsthematik vor, die sich stärker an den Alltagserfahrungen betroffener Bürger orientieren und diesen konkret miteinbeziehen.

Neben der Ungleichheitsdebatte bleibt auch das Thema der Mitbestimmung im aktuellen medialen Konjunkturzyklus zurück. Dies liege laut Korte daran, dass inzwischen alle Parteien Fürsprecher der Mitbestimmung seien und diese somit keine Nachrichtenwert habe. Mitbestimmung habe als Teil der Verhandlungsdemokratie schlichtweg keinen Sex-Appeal. Nichtsdestoweniger seien „Wohlstand und gesellschaftlicher Frieden nur durch das Erfolgsmodell Mitbestimmung zu erhalten“. Der Mitbestimmung attestiert Korte so den Status eines Stabilitätsgaranten, denn nur die durch Verhandlung erzielten Entscheidungen seien gerade im Zeitalter von Digitalisierung und Crowdworking auch kollektiv belastbar. Das Instrument der Mitbestimmung entfalte eine nahezu visionäre Kraft, wenn vor allem Gewerkschaften es schafften, auch fernab des Mainstreams nachhaltige Modelle der Arbeit zu entwickeln.

Das vollständige Interview finden Sie hier.

Hier geht es zum Projekt „Politikmanagement im Ungleichheitsdiskurs“.

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