Neuerscheinung: Politik in Fernsehserien

House of Cards, Borgen, Baron Noir und Co. – seit einiger Zeit boomen Fernsehserien, die explizit den politischen Betrieb fokussieren. Handelt es sich dabei nur um eine austauschbare Kulisse oder verraten uns diese Serien tatsächlich etwas Gehaltvolles über Politik? Der gerade erschienene von Dr. Niko Switek herausgegebene Band „Politik in Fernsehserien“ geht von letzterem aus und nähert sich den politischen Fernsehserien mit einer systematischen und wissenschaftlichen Perspektive. Wie werden politische Bilder in populären Serien konstruiert und reproduziert?

Es geht in dem Band nicht um den Realitätsgehalt der Serien – sie sind fiktive Erzählungen, die keinem Wahrheitsanspruch genügen müssen. Dennoch können sich in diesen Erzählungen politikwissenschaftliche Theorien und Modelle spiegeln, die aufgrund der popkulturellen Aufarbeitung direkter und eindringlicher wirken. Das ermöglicht einen sinnvollen didaktischen und pädagogischen Einsatz in der Lehre, aber zugleich auch der Wissenschaft ein kritisches Hinterfragen bekannter Ansätze durch eine andere Form der Präsentation und Anschauung. Die Serien sind dabei nicht ohne ihren zeitgeschichtlichen Kontext zu sehen, wie bei anderen literarischen oder filmischen Werken greifen sie unterschwellig gesellschaftliche Normen und Werte auf. Was sagt uns die hektische, auf Terror und Gewalt fokussierte Serie 24 über die USA nach dem 11. September? Was lässt sich unterhalb offizieller staatlicher Kommunikation durch ein chinesisches House of Cards-Remake mit dem Fokus auf Korruptionsbekämpfung über die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in der Volksrepublik China lernen? Schließlich argumentieren wir in dem Band, dass zwischen der mit Pathos vorgetragenen Rede eines Schauspielers, der einen US-Präsidenten verkörpert, an seine fiktiven Untertanen und der tatsächlichen Rede eines gewählten Staatsoberhaupts graduelle und keine grundsätzliche Unterschiede bestehen. Die Autoren und Drehbuchschreiber orientieren sich an tiefergehenden Bildern, Metaphern und Erzählformen, auf die auch politische Redenschreiber und Spin-Doktoren in ihrer Arbeit rekurrieren. Es gibt äußerst wirkmächtige Erzählstrukturen und Narrative, welche die Welten der Popkultur und Politik verbinden.

Der Konzeptband gliedert sich in drei Teile. In einem ersten Block stellen sich die Autoren theoretisch-konzeptionelle Fragen zur sozial- bzw. politikwissenschaftlichen Auseinandersetzung mit politischen Fernsehserien. Warum gibt es diesen Boom? Welche Forschung gibt es zu Polit-Serien und welche Forschungsperspektiven lassen sich einnehmen? Wie wirken ‚echte’ und ‚erzählte’ Politik aufeinander? Der zweite Teil versammelt mehrere Fallstudien zu den erfolgreichen Polit-Serien der letzten Zeit, wie House of Cards, Veep, Marseille oder The Thick of it. Mit einer Analyse der Satire Eichwald, Mdb über einen eher machtlosen Bundestagsabgeordneten ist hier zumindest ein deutsches Format vertreten. In einem dritten abschließenden Teil wird gerade nach diesem schwierigen Verhältnis von deutscher Politik und deren unterhaltsamen Aufarbeitung gefragt sowie der Einsatz von Serien im Unterricht beleuchtet.

Niko Switek (Hrsg.)
Politik in Fernsehserien
Analysen und Fallstudien zu House of Cards, Borgen & Co.

2018,  402 Seiten
ISBN 978-3-8376-4200-1

Durch die Förderung der Universitätsbibliothek Duisburg-Essen steht der Band als Open Access in Kürze auch als frei zugängliches eBook auf der Seite des Verlags zur Verfügung.

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