Prof. Dr. Rita Süssmuth: „In der Sache Vermittlung haben wir noch viel zu lernen”

Studierende gemeinsam mit Gastprofessorin Rita Süssmuth (5. v.l.n.r.) und Andreas Blätte (4. v.l.n.r.) beim Auftakt-Seminar.

Gut gelaunt, mit einer bunten Themenmischung und dem ein oder anderen Witz startete am Montag die Gastprofessur für Politikmanagement der Stiftung Mercator von Prof. Dr. Rita Süssmuth. In den insgesamt fünf Seminarsitzungen mit der langjährigen Präsidentin des Deutschen Bundestages wird vor allem die „Einwanderungsgesellschaft“ in den Blick genommen. Eine aktuelle Thematik, die aus verschiedenen Perspektiven betrachtet werden soll: historisch, kommunal, europäisch, global und wissenschaftlich.

Wissenschaftlichkeit und Rationalität haben für Rita Süssmuth einen großen Stellenwert. Doch der Wechsel von der Wissenschaft zur Politik sei ein grundlegender gewesen, weil das Denken ein anderes sei. Manchmal verstehe sie auch heute noch nicht, dass manche Entscheidungen lange dauern und andere nicht, womit Süssmuth auf die Kehrtwende in der „Ehe für alle“ verwies.

Was bringt es viele Studien, aber keine Mehrheit zu haben? Jahrelang hat Rita Süssmuth für politische Anliegen gekämpft und ist dabei oft angeeckt. „Sie brauchen eine Gesamtkonzeption und dürfen nicht das Ziel aus dem Auge verlieren, auch wenn Sie viele Teilschritte machen“, ermutigt Süssmuth die Studierenden. Ihre persönliche Leitlinie sei es, zu einer Gesellschaft beizutragen, die Ausgrenzung und Diskriminierung vermeidet.
Bei vielen politischen Streitfragen sei jedoch unklar, worum es eigentlich geht und es gibt nicht die eine Lösung. Am Beispiel der Debatte um § 218 veranschaulichte Prof. Süssmuth, dass gemeinschaftliche Lösungen oft nur mit einem mehr an Sachlichkeit und argumentativem Zugang gefunden werden können. Viel zu häufig ginge es in der Welt um Macht und darum, wer wen besiegt. „In der Sache Vermittlung haben wir noch viel zu lernen, das gilt insbesondere im Bereich der Migration“, betonte Süssmuth.

Gastprofessorin Rita Süssmuth im Austausch mit Studierenden.

In lebenslangen Lernprozessen gelte es dabei auch immer die eigenen Positionen zu hinterfragen und Denkangebote anzunehmen, denn „die anderen können auch Recht haben“, zitierte sie Sokrates. Auch Rita Süssmuth hat ihre Positionen im Verlauf der Zeit verändert. Dachte sie mit Blick auf die Gleichstellung früher, es ginge auch ohne eine Frauenquote, lautet ihr Credo heute: „Weg von der Quote, hin zur Parität“. In Fragen der Chancengerechtigkeit ginge es nicht darum eine Diskriminierung durch die andere zu tauschen. Dabei müssten auch aktuelle Normen hinterfragt werden. Denn: „Die Gestaltung der Gesellschaft erfolgt immer noch nach den Standards, die Männer gesetzt haben. Wir müssen aufpassen, denn wir passen uns immer mehr an gesetzte Normen an. Doch wir müssen die Normen auch verändern“, so Süssmuth.

Seit 2008 wird die Gastprofessur der Stiftung Mercator an ExpertInnen aus Politik, Verwaltung, Medien und Verbänden verliehen. Die Trägerinnen und Träger der Gastprofessur für Politikmanagement der Stiftung Mercator werden dabei vollständig in die Lehre und Forschung einbezogen.

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