Wissen, Ethik und Beratung
Über Kommunikation gewinnen politische Akteure Legitimität – die wichtigste Machtressource in der Demokratie. Sprache ist dabei das zentrale Instrument zur Artikulation von Machtansprüchen und politischen Handlungsabsichten. Vor der Prämisse, dass sich das Verhältnis von Sprache und Politik unter den Bedingungen der Digitalisierung massiv verändert, stellen wir uns die Frage nach der Stoßrichtung dieser Veränderung in normativer wie in empirischer Hinsicht.
- Sind grundlegende qualitative Veränderungen beobachtbar, die sich auf die Struktur- und Handlungsdimension von Politik auswirken?
- Wie gestaltet sich der Zusammenhang zwischen politischer Kommunikation, Machterhalt und Machterosion?
- Was sind die Voraussetzungen erfolgreicher Regierungskommunikation in Deutschland und im internationalen Vergleich?
Die Erforschung von Akteuren und Prozessen der Politikberatung bildet ebenso wie die angewandte Politikberatung einen Schwerpunkt unseres Forschungsprogramms. Dabei reicht der Gegenstand unserer Forschungsprojekte von der Beratung von Spitzenakteuren durch enge MitarbeiterInnen über den Wissenstransfer durch politische oder private Stiftungen, wissenschaftliche oder kommerzielle Policy-Beratung, Public Relations, Public Affairs und Lobbyismus, Think-Tanks und Spin-Doktoren bis hin zu neuen Formen der Politikberatung, wie partizipativer Politikberatung durch die BürgerInnen.
Gemeinsam ist den Forschungsprojekten die Analyse der Vermittlungsprozesse von Handlungswissen.
- Wie verlaufen Prozesse der Politikberatung?
- Welche Rolle spielt Beratung und Wissenstransfer in politischen Entscheidungsprozessen oder bei der Institutionenbildung?
- Wie verläuft formale und informelle Politikberatung vor dem Hintergrund der Strukturmerkmale des Regierens in Deutschland? Wie im internationalen Kontext?
Dabei legen wir einerseits eine prozessuale Perspektive auf Politikberatung zugrunde und untersuchen andererseits die normative Seite von Beratungsprozessen. Entscheidend sind hier die Fragen nach den Legitimitätspraktiken von Beratungsakteuren, ebenso wie die Erkenntnis, dass die politische Bezugnahme auf den Begriff der ‚Ethik’ – auf „ethische Probleme“ und „ethische Lösungen“ – als Begründungsgrundlage von Beratung und Beratungsorganen ansteigt.
Projektgruppen und Projekte aus dem Forschungsbereich
Projektgruppe: Stiftungen und NGOs
Stiftungen und NGOs
In ihrem Forschungsbereich ‚Wissen und Politikberatung‘ befasst sich die NRW School of Governance, neben der Untersuchung von regierungsinternen BeraterInnen, mit unterschiedlichen Akteuren der externen Politikberatung und deren Wissensvermittlung. Zu den Akteuren in der externen Politikberatung können auch Stiftungen gezählt werden, die ihr Wissen an die Politik übermitteln. Die Projektgruppe ‚Stiftungen und NGOs‘ konzentriert sich mit besonderem Fokus auf zwei Akteurstypen: zum einen auf die Untersuchung von parteinahen Stiftungen und zum anderen auf private gemeinnützige Stiftungen. Beide Akteure unterscheiden sich aber durch Ihre Finanzierung, die sich bei parteinahen Stiftungen über Bundesmittel generiert und sich bei privaten Stiftungen aus einem Privatvermögen herbeiführt wird. Die Stiftungstypen differenzieren sich darauffolgend durch ihren unterschiedlichen Grad der politischen Unabhängigkeit voneinander. Die Projektgruppe hat sich zum Ziel gesetzt, diese stiftungsspezifischen Kriterien aufzudecken und den Akteurstyp Stiftung aus einem politikwissenschaftlichen Blickwinkel zu erforschen.
Parteinahe Stiftungen werden als ‚Quasi-Non-Governmental-Organization‘ (QUANGO) zwischen Nichtregierungsorganisationen auf der einen und staatlichen Akteuren auf der anderen Seite eingeordnet. Obwohl parteinahe Stiftungen den Namen „Stiftung“ tragen, ist aus juristischer Sicht nur die Friedrich-Naumann-Stiftung als Stiftung des privaten Rechts einzuordnen. Alle anderen parteinahen Stiftungen sind eingetragene Vereine. Sie nehmen im Rahmen ihrer Arbeit eine politikberatende Funktion ein: Parteinahe Stiftungen unterstützen einen kritischen Dialog in der Innenpolitik und nehmen politikberatende Funktionen außerhalb Deutschlands durch ihre Länderbüros wahr. Im besonderen Fokus steht die Untersuchung der Rolle sowie Beteiligung von parteinahen Stiftungen in der Außenpolitik sowie in Transformations- und Demokratisierungsprozessen.
Private gemeinnützige Stiftungen arbeiten unabhängig von politischen Parteien und zählen zu den zentralen zivilgesellschaftlichen Akteuren im politischen System der Bundesrepublik Deutschland. Sie betätigen sich zunehmend in verschiedenen Politikfeldern und setzen sich für gesellschaftspolitische Ziele ein. Da sich die Stiftungsarbeit unter den verschiedenen Akteuren und in den unterschiedlichen Politikfeldern außerordentlich diversifiziert ist, zielt die Arbeit der Projektgruppe auf eine politikwissenschaftliche Analyse von unterschiedlichen Stiftungen. Stiftungen versuchen ihr Wissen und ihre Ideen an EntscheidungsträgerInnen zu vermitteln. Daher liegt es im zentralen Erkenntnisinteresse den Vorgang der Wissensvermittlung zwischen Stiftungen und der Politik zu analysieren sowie zu interpretieren.
Durch den Vorgang der Wissensvermittlung durch Stiftungen gegenüber der Politik und mit ansteigender Verflechtung in der politischen Interessensvertretung lässt sich ein zunehmender Legitimitätsdruck von Stiftungen konstatieren. Stiftungen setzen sich aber mit ihrer eigenen Legitimität auseinander. Diese Muster gilt es aufzudecken. So stehen im Kern der Untersuchung Instrumente, Stile und Techniken von Stiftungen, ihre eigene Arbeit gegenüber der Politik und der weiteren Öffentlichkeit zu rechtfertigen.
Leitfragen
- Welche Rolle verfolgen parteinahe Stiftungen in der deutschen Außenpolitik? In welcher Form und auf welche Weise üben die parteinahen Stiftungen Einfluss auf Entscheidungsprozesse im Ausland und Deutschland aus?
- Welche Rolle spielen parteinahe Stiftungen im Feld der ‚Demokratisierungs- und Parteienförderung’?
- Wie erfolgt der Wissenstransfer in die Politik? Welche Praktiken der Wissensvermittlung nutzen operative Stiftungen? Was ist ihre Handlungsmotivation? Was sind Handlungsstrategien?
- Wie generieren Stiftungen Legitimität? Wie rechtfertigen sich Stiftungen gegenüber der Politik?