Das WählerInnenverhalten stellt die Parteien und ihre KandidatInnen vor neue Herausforderungen: Parteibindungen werden schwächer, die WählerInnen treffen ihre Entscheidung immer später und ihre Wahlabsichten sind heute weit weniger berechenbar als noch vor ein bis zwei Jahrzehnten. Vor diesem Hintergrund beschäftigen wir uns mit der Frage, wie politische Parteien auf diese Veränderungsprozesse reagieren und wie sich Wahlkämpfe verändern.
Im Fokus unseres Forschungsinteresses steht der Wandel von Wahlkämpfen. Diesen analysieren wir auf zwei Ebenen. Zum einen gilt unser Augenmerk der Binnenperspektive der Parteien. Die für die Öffentlichkeit zumeist nicht sichtbare Kampagnenarbeit erschließen wir insbesondere durch die Forschung im Feld. Nur so ist es möglich, Antworten auf Fragen wie die folgenden zu erhalten: Wie interpretieren Parteien und KandidatInnen die Herausforderungen komplexer Wählermärkte? Auf welchen Erfahrungen, Erwartungen und Kalkülen beruhen ihre Kampagnen? Wer entscheidet über Strategie- und Organisationsfragen? Was sind aus Sicht der Akteure tatsächliche Innovationen?
Zum anderen analysieren wir die beabsichtigten und unbeabsichtigten Folgen von Entscheidungen, welche die in den Wahlkampf involvierten Akteure treffen. Hierzu nutzen wir ein breites methodisches Instrumentarium. Mithilfe von Wahlprogrammanalysen vermessen wir den strategischen Wettbewerbsraum und erfassen die programmatische Erneuerung von Parteien. Welche Wirkung neue und alte Kanäle der Wahlkampfkommunikation haben, nehmen wir unter anderem durch den Rückgriff auf Fokusgruppen in den Blick. Schließlich arbeiten wir an einer theoretischen und methodologischen Weiterentwicklung der Wahlkampfforschung. Hierbei spielt die Sprache eine integrale Rolle. Sprache begreifen wir dabei nicht nur als Forschungsgegenstand, sondern als Forschungsperspektive, um die Praktiken politischer Kommunikation zu erklären und in ihrem Sinngehalt zu verstehen.
Projektbereiche und Projekte aus dem Forschungsbereich
Projektgruppe: TV Debatten im Wahlkampf
TV Debatten im Wahlkampf
Zum ersten Mal in einem Wahlkampf zum Europäischen Parlament wurde am 15. Mai 2014 eine europaweit in den nationalen Fernsehsendern übertragene TV-Debatte veranstaltet. Das Projekt beschäftigt sich mit den demokratietheoretischen Effekten von TV-Debatten und untersucht diese am Beispiel der Eurovision Debate 2014 im europäischen Kontext.
Die amerikanische und deutsche Politikwissenschaft hat zeigen können, dass das Format der TV-Duelle oder TV-Debatten demokratietheoretisch wünschenswerte Effekte hervorrufen kann – die debates haben einen positiven Einfluss auf die Orientierungen zum politischen System, sie vermitteln politische Inhalte und steigern das Interesse an Politik sowie die Partizipationsbereitschaft ihrer ZuschauerInnen. Aber können sie auch eine Nähe der EU-ZuschauerInnen zu den europäischen Institutionen, insbesondere zum Europäischen Parlament, zu den EU-SpitzenkandidatInnen und zu europapolitischen Themen generieren? Welche Botschaften nehmen die europäischen Zuschauerinnen und Zuschauer der Eurovision Debate mit, welche ‚Emotionen und Bilder von Europa’ entwickeln sich bei Ihnen?
Um die aufgeworfenen Fragen nach der mittelfristigen Wirkung der Eurovision Debate auf die Einstellungen der ZuschauerInnen gegenüber europäischen Institutionen, EU-SpitzenkandidatInnen (KandidatInnenimages) und europapolitischen Themen sowie die damit verbundenen ‚Emotionen und Bilder von Europa’ beantworten zu können, stützt sich das Projekt auf die Kombination von quantitativer und qualitativer Datenerhebung. An der NRW School of Governance wurden einerseits 50 Rezipienten eingeladen die Eurovision Debate anzusehen. Um die direkten Reaktionen der TeilnehmerInnen zu erfassen, wurden diese in einem Pretest-Posttest-Design unmittelbar vor und nach der Ausstrahlung der europäischen TV-Debatte per standardisierten Fragebögen befragt. Wenige Tage nach der Ausstrahlung der Eurovision Debate wurden über ermittelnde Gruppendiskussionsverfahren mögliche Veränderungen auf kollektiver und individueller Ebene qualitativ erhoben und inhaltsanalytisch ausgewertet.
Leitfragen
- Wie ist die mittelfristige Wirkung von TV-Debatten auf die Einstellungen von Wählerinnen und Wähler?
- Welche „Bilder von Europa“ transportierte die Eurovision Debate 2014?
- Welche Emotionen entwickeln sich bei den Zuschauerinnen und Zuschauern?
- Wie ist die Wahrnehmung von TV-Debatten im internationalen Vergleich einzuordnen?
Ansprechpartnerin
Dr. Kristina Weissenbach (in Elternzeit)
Tel.: +49 (0) 203/379 – 3742
Mail: kristina.weissenbach@uni-due.de